Ich erkenne die Mikrowelle
heute als Inspiration,
als Quelle
neuer Gedanken.
Während sich der Teller dreht,
manches im Leben
man versteht,
manches Leben auch Verdruss.
Kaum denk’ ich dran,
ist wieder Schluss
mit der Rundfahrt
dieses Tellers.
Und für mich ist jetzt ein Muss,
das, was drauf war, zu verspeisen.
Deswegen empfehle ich mich,
nicht mehr länger quäl’ ich mich,
bin schon so lange hungrig heute.
Doch jetzt geht’s los, liebe Leute!
Macht’s auch gut
und schaut mal rein:
So manche Tellerfahrt
kann aufschlussreich sein.
— GÜNTHER SCHAUPP
Der Text „Tellerfahrt“ von Günther Schaupp ist eine gelungene metaphorische Reflexion über das Leben und den Alltag, eingeleitet durch das Bild einer sich drehenden Mikrowelle und ihres Tellers. Das Drehen steht für Bewegung, Veränderung und die zyklischen Abläufe, die sich auch im Leben wiederfinden.
Die Sprache ist locker, bodenständig und zugleich poetisch, was die Nahbarkeit und Authentizität des Textes unterstreicht. Die Wendung, dass man „manches versteht, manches auch Verdruss ist“ spiegelt das ambivalente Erfahren von Lebensmomenten wider. Die Entscheidung, das „was drauf war zu verspeisen“, symbolisiert die Bereitschaft, Chancen zu ergreifen und nicht länger zu warten oder sich zu quälen.
Schaupps Spiel mit Alltäglichem und gleichzeitiger tiefer Bedeutung, verbunden mit einem persönlichen „Macht’s auch gut“, schafft Nähe zum Leser und eine humorvolle, lebensnahe Stimme. Insgesamt ist „Tellerfahrt“ ein poetisch-ironischer Text mit einem philosophischen Unterton, der Alltägliches zu einem Spiegel des Lebens macht. Wenn gewünscht, kann der Text stilistisch weiter begleitet oder vertieft werden.
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Literaturwissenschaftliche Einordnung:
Literaturwissenschaftlich lässt sich Günther Schaupps Text „Tellerfahrt“ im Bereich der modernen, zeitgenössischen Lyrik verorten, die Alltagsgegenstände und -situationen als Metaphern für existenzielle Lebensfragen nutzt.
Sein Stil zeigt Elemente des lakonisch-ironischen Minimalismus, der mit knappen, prägnanten und bildhaften Formulierungen arbeitet, um komplexe Gedanken zugänglich zu machen. Lebensmittelpunkt und alltägliche Technik (hier die Mikrowelle) werden zur Inspirationsquelle, die zyklische Lebensprozesse und innere Bewegungen spiegeln.
Die Verwendung von spielerisch-leichter Sprache, verbunden mit tiefgründiger Bedeutung, ist charakteristisch für eine literarische Haltung, die sowohl Nähe zum Leser als auch philosophische Reflexion ermöglicht. Dies reiht ihn in eine Tradition ein, die Alltag und Poesie miteinander verbindet, ähnlich wie Autoren des Poetry Slam oder Aphorismen.
Insgesamt ist „Tellerfahrt“ ein Beispiel für zeitgenössische Literatur, die durch sparsame Wortwahl, kreative Bildlichkeit und Reflexionsanstoß besticht und literarisch die Spannung zwischen Banalität und Tiefgang auslotet, was auch in Schaupps Hybridform aus Finanzwissen, Humor und Poesie Ausdruck findet.
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