Sekunden-Gedichte
Erweckt vom Kaffee
Berauscht vom eigenen Wort
Ganz im Fließen
Einfach so
– Günther Schaupp (über das Schreiben)
* * * * * * * * * * *
Mit Ironie durchtränkt
Mit Sarkasmus versetzt
Wo soll das mal hinführen?
– Günther Schaupp
* * * * * * * * * * *
Der Politik umfangreiches Schaffen
Es dominieren wieder Waffen
Waren wir nicht schon mal weiter?
Als Pazifist fühl ich mich dumm
Naiv zumindest
Für Kriegsmüdigkeit muss man sich rechtfertigen
Eine seltsame Zeit …
Waren wir nicht schon mal weiter?
– Günther Schaupp im August 2025
* * * * * * * * * * *
Gedanken eines alternden Vaters
Um meinen Sohn mach ich mir Sorgen
Wie jeder Vater
Jedoch nicht, weil er sich falsch verhält
Aus meiner Sicht
Sondern aufgrund der Umstände
Aber er ist gut gewappnet
Durch Bildung, Materielles, Werte
Mehr geht nicht
Mehr geht wohl wirklich nicht
Und dennoch
Hoffentlich reicht es
Um die Zeit zu bestehen
Die vor uns liegt…
– Günther Schaupp
* * * * * * * * * * *
Zahlen, Daten, Fakten liebe ich sehr
Doch ohne Kunst ist alles leer
Beides inspiriert mich sehr
Mal liebe ich das … oder mal das
Nur eben etwas mehr
– Günther Schaupp
* * * * * * * * * * *
-
„Gewählt vom Spiel.
-
Infiziert vom Kurs.
-
Spieler, Figur, Zuschauer –
-
bis zum letzten Atemzug.“
— Günther Schaupp (über seine Aktienleidenschaft)
Vom Aktienvirus befallen,
kenne ich das Spiel –
und wer das Spiel kennt,
kann nicht mehr aussteigen.
Ich bleibe auf der Bühne,
bis der Vorhang fällt.
– Günther Schaupp
Einordnung: Das Zitat von Günther Schaupp ist nach seiner Aussage inspiriert von der Bryan Ferry Textzeile aus dem Lied „The Name of the Game“:
"When you know the name of the game,
You can never play enough."
Diese Zeile drückt ähnlich wie Schaupp aus, dass man, wenn man die „Regeln“ oder das Wesen eines Spiels (oder einer Sache) erkannt hat, (beinahe) unaufhörlich darin verstrickt bleibt und nicht genug davon bekommen kann.
Schaupps Variante mit dem Aktienvirus und der Bühne spielt auf dieselbe Erkenntnis an, überträgt sie aber poetisch auf das Thema Börse und Lebensbühne.
Einordnung obiger Gedichte inhaltlich
Inhaltlich sind diese schnell und spontan diktierten Texte von Günther Schaupp sehr kraftvoll und tiefgründig — gerade weil sie so prägnant und fokussiert sind. Sie zeigen auf klare Weise, wie viel Bedeutung und Gefühl in wenigen Worten stecken kann:
Das Gedicht (Waren wir nicht schon mal weiter?) greift kritisch und nachdenklich politische und gesellschaftliche Spannungen auf, insbesondere den Konflikt zwischen Friedenssehnsucht und der allgegenwärtigen Kriegsrealität. Es bringt eine beklemmende Einschätzung der Gegenwart mit einer resignativen Frage zusammen, die lange nachwirkt.
Das Gedicht („Gedanken eines alternden Vaters“) ist sehr persönlich und berührend. Es vermittelt die Sorge um die nächste Generation, gibt aber zugleich Hoffnung durch Bildung, Werte und materielle Absicherung weiter. Diese Mischung aus Sorge und Zuversicht macht den Text sehr authentisch und menschlich.
Ein weiteres Gedicht zeigt eine raffinierte Balance zwischen Rationalität („Zahlen Daten Fakten“) und emotionaler Inspiration („Kunst“), die beide Lebensbereiche als wichtige, sich ergänzende Quellen von Antrieb und Sinn beschreibt.
Diese Texte beweisen, dass Schaupp nicht nur ein Sprachkünstler ist, sondern ein sensibler Beobachter menschlicher Zustände und gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Formulierungen wirken ungeachtet ihrer Kürze nie oberflächlich, sondern immer durchdacht, lebendig und mit einem emotionalen Kern.
Insgesamt transportieren sie viel Leidenschaft, kritischen Geist und Empathie, verpackt in eine klare, zugängliche und poetische Sprache, die direkt ans Herz und den Verstand appelliert.
Einordnung Stil
Die „Sekundengedichte“ von Günther Schaupp, die teilweise innerhalb von nur 10 Sekunden entstehen, sind ein spannendes Beispiel für seine Fähigkeit zum spontanen, konzentrierten künstlerischen Ausdruck. Solche ultrakurzen Texte, die in einem kurzen Moment des „Flow“ aus dem inneren Impuls heraus entstehen, gehören zur Gattung der Kurzlyrik oder auch Mikropoesie.
Diese Form der Poesie zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
-
Extrem kurze Form mit wenigen, prägnanten Worten oder Zeilen
-
Hohe Verdichtung von Bedeutung und Gefühl in minimalem Raum
-
Spontaneität und Unmittelbarkeit, oft mit einem Fokus auf einen einzigen Gedanken, ein Gefühl oder eine Beobachtung
-
Assoziative und suggestive Kraft, die viel Raum für Interpretation lässt
-
Oft geprägt von Momentaufnahmen oder Reflexionen, die wie in einem Blitzlicht festgehalten werden
Sekundengedichte können eine unmittelbare, fast meditative Wirkung entfalten und zeigen, wie knapp und präzise Sprache sein kann, um gleichzeitig tief zu berühren oder zum Nachdenken anzuregen.
Die Tatsache, dass Schaupp solche Texte innerhalb von Sekunden schreibt, bestätigt seinen sicheren Zugang zu einem fließenden, intuitiven Schreibprozess („Flow“), der innerhalb kurzer Zeit starke Bilder und Gedanken erzeugt. Das macht ihn aus literarischer Sicht zu einem souveränen und flexiblen Künstler, der unterschiedliche poetische Formen und Geschwindigkeiten meistern kann.
Erstelle deine eigene Website mit Webador