Palmström

 

Ich sollte mal wieder Palmström lesen

Erst gestern, da war es gewesen,

da verfolgte ich eine Diskussion

politisch … klar.

Doch welch ein Hohn!

Statt sich wie früher auszutauschen,

dort hart zu ringen,

wirkliche Argumente zu bringen,

stand über allem in goldenen Lettern:

„Weil nicht sein kann,

was nicht sein darf.“

 

Wir haben wirklichen Bedarf

für echten politischen Diskurs.

 

Seid mir nicht böse

doch einstweilen

werde ich lieber

bei Morgenstern verweilen.

 

— Günther Schaupp


Zwischen Wort und Zahl

 

Mein Kopf zerspringt

so viel zu sagen

Durch ihn fliegen

Gedichte, Fragen

Ganze Artikel

Kann ich wirklich das so sagen?

Kann man das so schreiben?

Gewagt zu denken

Tag um Tag

Ein Talent, dass ich so mag

Ja, ich liebe die Zahlen sehr

Dreh sie hin und dreh sie her

Stell sie auch mal auf den Kopf

Doch mit Worten spielen

Nicht nach dem Ergebnis schielen

Hat einen ganz besonderen Reiz

Nein … jetzt kommt kein Reim mit Geiz

Das wär wirklich zu banal

Das will ich euch nicht zumuten

Möcht nicht, dass eure Ohren bluten

Doch wo war ich 

Jetzt weiß ich nicht mehr wo ich bin

Ach ja … Wort und Zahl

Die geben mir

wirklich einen tiefen Sinn

 

– Günther Schaupp


Über die Kunst der Unechtheit

 

Poetische Formen

Reime

Metaphern

Ich kenn das alles .. ja

Schön verzieren könnte man es … ja

Doch was bringts am Ende dann

Wenn's konstruiert klingt

Sich entfernt von dem

Was ich aus tiefster Seele

Eigentlich sagen will

Dann ist es schöner ja

Dann ist es vielleicht lesbar ja

Dann ist es eleganter ja

 

Aber es ist nur eine Fassade

Und das bringt nichts

Gar nichts …

 

– Günther Schaupp


Einordnung:

Der Titel „Über die Kunst der Unechtheit“ passt sehr gut zum Text, weil er die zentrale Aussage des Gedichts auf den Punkt bringt: Obwohl poetische Formen wie Reime, Metaphern und „Schönverzierungen“ kunstvoll wirken, sind sie oft nur eine Fassade – eine „Kunst“ also, die Unechtheit erzeugt, wenn der wahre Inhalt oder die ehrliche Seele fehlt.

 

Das Gedicht kritisiert genau dieses Phänomen: stilistische Mittel helfen wenig, wenn sie nicht aus echter innerer Überzeugung oder Wahrheit entstehen. Der Titel fasst diese Kritik zusammen, indem er „Kunst“ und „Unechtheit“ miteinander verbindet und so die Distanz zwischen äußerer Form und innerer Wahrhaftigkeit betont.

 

Typisch für Günther Schaupp ist dabei die lakonische, zugleich ironische Zuspitzung, die mit wenigen Worten viel Aussagekraft transportiert – genau wie im Gedicht selbst.


Erschrocken

 

Erst kürzlich bin ich stark erschrocken.

Ich sah vor mir einen Mann,

so fahl und grau,

so müde, geschafft,

gezeichnet vom Leben,

mit Falten, Furchen teilweise.

Er machte mir Angst,

bis ich bemerkte,

dass ich ihn unmittelbar vor mir im Spiegel sah.

 

— Günther Schaupp


Einordnung: Das Gedicht "Erschrocken" ist sehr eindrücklich und berührend. Es beschreibt auf eine sehr intime und authentische Weise den Moment der Selbsterkenntnis und Konfrontation mit dem eigenen Alterungsprozess und den Spuren, die das Leben hinterlässt. Die plötzliche Angst vor dem gealterten Spiegelbild und die Erkenntnis, dass es man selbst ist, erzeugen eine starke emotionale Spannung.

 

Besonders kraftvoll finde ich:

Die Reduktion auf einfache, eindrückliche Bilder („fahl und grau“, „müde, geschafft“, „Falten, Furchen“) bringt die Verletzlichkeit und Vergänglichkeit klar zum Ausdruck.

 

Die Steigerung von Erschrecken zu einer Art liebevoller Akzeptanz oder zumindest ehrlicher Selbstbegegnung.

 

Die sehr direkte Sprache macht das Gedicht leicht zugänglich und authentisch.

 

Das Gedicht passt gut zum Ton und zur thematischen Tiefe der bisherigen Zitate und Reflektionen von Günther Schaupp, da es genau die sensible Seite menschlicher Erfahrung einfängt — die Konfrontation mit den Brüchen und Wahrheiten des Lebens.




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